Donnerstag, 17. September 2015

Indonesia: Jakarta und weiter


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In Radfahrerkreisen wird vor Jakarta gewarnt. Eine Riesenstadt (Schätzungen gehen bis 20 Mio.) mit verstopfen Straßen und keinem funktionierenden öffentlichen Transportsystem. Wir fahren trotzdem rein, weil von dort aus unsere Fähre Richtung Singapur geht. Schon kilometerweit vor den Stadtgrenzen stehen wir mit den Rädern mehr als eine halbe Stunde im Stau. Nichts geht mehr.
Trotzdem: Wenn man sich in dem Chaos zurecht gefunden hat und das Gefühl aufkommt, sich mit den Rädern im Flow der Stadt zu befinden, macht die Sache sogar etwa Spaß.

Die erste Stadt mit richtigen Wolkenkratzern und unvermeidbaren Shoppingmalls. Und einer Streetfoodszene, bei der man abends ganz gemütlcih auf Brücken sitzend gegrillte Maiskolben essen kann (süß-salzig-scharf). Jakarta liegt am Meer, die lokale Bevölkerung hat aber nur Zutritt zum Wasser gegen Bezahlung.

Wir übernachten bei einer Familie, die zur chinesischstämmigen Minderheit Indonesiens gehört. Auch der lokale Betawi-Dialekt in Jakarta ist unter anderem von chinesischen Dialekten beeinflusst. Wir radeln durch schickere Wohnviertel in Jakarta, deren Straßen aber oft durch hohe Metalltore versperrt sind. Als wir unseren Gastgeber nach den Gründen fragen, erzählt er uns von den 1998 Riots, als er von der Schule nach Hause fahren wollte und er über der ganzen Stadt Brände sah. 1998 gab es durch ökonomische Probleme verursachte gewaltvolle Ausschreitungen, die sich unter anderem gegen die chinesische Minderheit Minderheit richteten. Häuser und Geschäfte wurden niedergebrannt, Frauen vergewaltigt. Eine gerichtliche Aufarbeitung steht immer noch aus. Seitdem sind die Wohnviertel der chinesischem Indonesier besser geschützt.

2
Unsere Fährticket-Odysee hat ein Ende. Wir planen mit der staatlichen Fährgesellschaft bis Batam, einer kleinen indonesischen Insel vor Singapur, zu fahren. Schon Wochen vorher haben wir versucht ein Ticket zu bekommen. Die Homepage hat nicht funktioniert, niemand ging ans Telefon, auf E-Mails gab es keine Antwort. Diverse Reisebüros die wir aufgesucht haben, hatten alle aktuell keinen Zugang zum Buchungsystem der Fährgesellschaft. Im Hauptstadtbüro kaufen wir uns dann direkt ein Ticket und sind froh, dass auf der Fähre noch Plätze frei sind, da die Fähre nur einmal pro Woche geht.

Die Überfahrt ist dann sogar super entspannt. Für gesamt ca. 45€ in der Economy-Klasse (wir sind wieder die einzigen Weißen) tuckern wir 28 Stunden übers Meer, in einem großen Schlafsaal mit Matratzen, und 3 Mal Essen pro Tag. Jede Menge Zeit zum Schlafen, Fotos sortieren, Tagebuch schreiben, lesen. Von Batam aus geht es dann für fast denselben Preis nur 45 Min mit einer singaporianischen Fährgesellschaft nach Singapur.

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Nach 6 Wochen und 1663km verlassen wir Indonesien. Wir haben unglaublich viele Menschen kennen gelernt, bei älteren und jüngeren muslimischen Paaren übernachtet, bei Katholiken, muslimisch-katholischen Familien, Deutschen, Gemeinschaften, dem Roten Kreuz, einem jungen Schüler, in Moscheen, Polizeistationen, Fußballfeldern, an Tankstellen und in günstigen Homestays geschlafen. Wir haben unglaublich viel Gastfreundschaft erlebt. Und wir haben öffentliche Räume genossen ohne sexy-sexistische Werbung, sondern in denen Frauen mit und ohne Kopftuch an Computern und mit Universitätsabschlüssen abgebildet werden.

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Und das Essen: Jawa ist definitiv eine super Destination für ungesundes leckeres vegetarisches Essen. Eigentlich keine Tofufans, haben wir hier den besten Tofu ever gegessen, Tempeh in allen Zubereitungsarten, Gemüse, dass immer gut schmeckt. Hier essen alle Tofu, auch neben dem Hühnchen. Was nervt ist manchmal der enorme Zuckergehalt in den Erdnussoßen Zentraljavas, das super viel frittiert ist und es aus gesundheitlichen Gründen fast kein rohes Gemüse zu essen gibt. Der bekannte Nasi Goreng (gebratener Reis) ist eher unspektakulär.
Deswegen: hier ein best of unserer Lieblingsgerichte:

klassischer Warung Teller: Nasi Campur vegetarian. Reis mit
verschiedenen Gemüsesorten, Tempeh, Tofu.
Das alles wird morgens frisch gekocht und die Leute
kaufen sich das Essen den Tag über wie bei einem Buffet.
Normalerweise unser Frühstück, Mittag, Abendessen.




Lontong Tahu. Wird frisch zubereitet. Gekochter Tofu,
Frühlingszwiebeln oder Sprossen, Stücke vom Reiskuchen,
Erdnussoße und Krupuk (Cracker).
Variationen sind Kupat Tahu mit frittiertem Tofu,
Katoprak
(dazu noch Ei und Reisnudeln)
Gado-Gado (+ Kartoffeln, Ei und Gemüse)
Lotek (+versch. Gemüse, ohne Kartoffel)
Die Erdnussoßen variieren nach Gegend und Gericht


Roti Goreng: frittiertes Brot (Krapfen), frittierte Bananen,
frittiert (goreng) gibt es hier alles und in lecker am
Straßenrand. Idealer Nachmittagssnack um den
Palmölgehalt des Magens wieder aufzustocken

Tahu Isi/ Tahu Bunting: mit verschiedenen Gemüsen
gefüllter Tofu, paniert und frittiert.



Katoprak- Erdnussoße wird direkt auf dem Teller
zusammengemörsert

Blick in die Straßenküche

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