Freitag, 29. April 2016

Türkiye again, - Geschichten vom schwarzen Meer

Wir sind wieder in İstanbul, nach 26717 km ist die Reiselinie Deutschland- İstanbul und Neuseeland-İstanbul wieder verknüpft. Zwei grinsende sonnenverbrannte Gesichter auf der Faehre über den Bosporus.

Veraendert haben sich die Sicherheitsvorkehrungen: Botschaften werden von Polizisten mit Maschinengewehren im Anschlag bewacht, vor Eintritt in die Faehre gibts einen Waffenscan.

Die letzten Wochen sind wir den Highway entlang des schwarzen Meeres gerast. Glatter Asphalt, breiter Seitenstreifen, jede Menge Kilometer, perfekte Tunnel. Entlang der türkischen Teegaerten und der endlosen Haselnussplantagen. Das Wetter meint es meistens gut mit uns. Wir werden auf Tee eingeladen. Und Milchreis. Dies und Helva sind definitiv unterbewertete Nahrungsmittel. Lernen, Haselnüsse nur mit den Zaehnen zu knacken. Stadt um Stadt sieht gleich aus, ein geradezu sowjetisch wirkender Baustil hat sich hier etabliert. Was zum campen finden wir trotzdem überall und natürlich dürfen wir auch wieder wunderbare Gastfreundschaft von warmshowerhosts geniessen. Fast überall kommt die aktuelle politische Lage zur Sprache, es herrscht ein Klima der Selbstzensur, immer aufpassen was man in der Öffentlichkeit oder bei der Arbeit sagt. Ein aktueller Treppenwitz geht so: Wenn du diePolizei dringend brauchst, sage nicht: hier ist eine Messerstecherei, sage hier ist jemand der unsere Regierung beleidigt. Dann sind sie ganz schnell da.

Ab Samsun geht es dann doch nochmal in die Berge und durch Safranbolu, eine der wenigen historisch erhalteten Staedte auf dem Weg, mit schönen alten Haeusern im osmanischem Stil. Kurz vor İstanbul entspannen wir noch ein paar Tage in einem kleinen Dorf an einem der wenigen wunderschön naturbelassenen und einsamen Ecken des schwarzen Meeres, feuern abends den Ofen an und grillen Gemüse und haben spannende Diskussionen bis spaet in die Nachtmit unserem Gastgeber.

Und jetzt? Noch ist die Reise nicht zu Ende...

Teeplantagen


mal abseits des Highways


manchmal gefriert es nachts noch

Safranbolu mit alten osmanischen Haeusern



secret Karadeniz


Montag, 11. April 2016

Հայաստանի Հանրապետություն (Armenien) und საქართველო (Georgien)- eine Odyssee durch die Berge



Armenien und Georgien, nach der islamischen Republik Iran zwei Laender, die sich jeweils als erstes und zweites weltweit als christliche Laender deklariert haben. Zwei besondere Sprachen und Kulturen mit eigenem Alphabet und aeltesten Weinbautraditionen. Und zwei Lander mit Bergen, die es in sich haben.

Nichts mit feierlich Kopftuch abnehmen nach dem Iran, dafuer ist es zu kalt. Vier Paesse ueber 2000 m sind es bis zur Hauptstadt Yerevan. Viel langsamer als erwartet geht es die steilen Steigungen hoch. In den kleinen Dorflaeden gibt es fast nur Wurst, Alkohol und Suessigkeiten zu kaufen. Obst und Gemuese ist teure Mangelware, die meisten sorgen privat fuer den Winter vor.
Wir radeln zum wunderschoenen Kloster Tatev, durch einsame Doerfer ueber viel unbefestigte Wege.
Spaeter auf dem Hauptstrasse durch Armenien kommen uns Armeefahrzeuge und Panzertransporte entgegen. In Bergkarabach gibt es schon wieder Gefechte. Armenien befindet sich noch immer im Krieg mit Aserbaidschan, auch wenn mensch im Landesinneren wenig davon mitbekommt.

Als wir den dritten 2000er Pass erklommen haben geraten wir in einen Schneesturm. Wir koennen nichts mehr sehen, natuerlich gibt es Gegenwind mit fiesen Eiskristallen, an ein Vorankommen ist nicht zu denken, die naechsten Siedlungen kilometerweit weg. Uns reichts, wir trampen und haben extra unsere (einzigen) Warnwesten, die wir samt tuerkischen Logo in der Tuerkei geschenkt bekommen haben, vorsorglich nach links gedreht. Dem netten Mann, der uns dann in seinem Transporter mitnimmt, faellt es trotzdem sofort auf. Tuerkische Flagge geht natuerlich gar nicht, weist er uns gleich drauf hin. Super freundlich ist er trotzdem. Nachdem wir es heil den Berg herunter geschafft haben, halten wir an einer Kirche und zuenden Kerzen an, dann laesst er sich nicht davon abhalten uns auch noch Essen zu kaufen und Kaffee zu machen.

Und dann bei Yerevan steht er einfach da, wie aus dem nichts aus der Ebene gewachsen, unglaublich gross und maechtig: Der Ararat. Einer der imposantesten Berge, die wir je gesehen haben.

Wir sind froh, endlich in Yerevan zu sein und muessen uns erst einmal etwas erholen und ganz viel Obst, Gemuese, unglaublich leckeres Brot und lokalen Schafskaese essen. Ausserdem schauen wir uns das armenische Genozidmuseum an, was die auch heute noch angespannten Beziehungen zwischen der Tuerkei und Armenien nachvollziehbar macht. Wie so oft habem die Deutschen 1915 auch ihr Scherflein dazu beigetragen...

Nocheinmal zwei 2000er Paesse, diesmal mit angenehmeren Steigungen in hochalpine Steppen nach Georgien. In der ersten Nacht in Georgien liegen wir bei Minusgraden im Zelt und freuen uns einfach nur aufs schwarze Meer. Zwei wunderschoene Abfahrten spaeter (natuerlich, wie sollte es anders sein, mit einem weiteren 2000er Pass zwischendrin) fahren wir innerhalb von Stunden runter in den Fruehling. In Batumi ist es warm und gruen und waehrend wir in die Stadt fahren treffen wir auf nette Georgier, die uns spontan zu sich einladen. Wie schoen. Wir probieren georgische Spezialitaeten, werden mit den besonderen (strengen) georgischen Toast- und Trinkritualen bekannt gemacht und feiern so am Strand unsere Ankunft in der Waerme.


beim Meghri Pass

beim Kloster Tatev

beim armenischen Genozidmuseum

Yerevan mit Ararat im Hintergrund









Kloster Tatev



jemand hat hier den Weg frei gemacht

Talfahrt in Georgien

in Batumi

Brot mit Bohnenpaste gefuellt- Lobiani

Dienstag, 5. April 2016

ايران (Iran) unterwegs im Jahr 1395

So, endlich tut sich auf diesem Blog wieder etwas. Leider ist unser Laptop abgesoffen, deswegen die etwas laengere Pause. Wir waren einen Monat in Indien und einen Monat im Iran unterwegs, im Iran ist auch der Zugang zu den gaengigen Blogseiten gesperrt. Die Fotos zu Indien sind leider erstmal mit abgesoffen, blogpost und Fotos dazu werden spaeter nachgeholt.

Iran. Wir sind noch einmal geflogen, obwohl wir das ja eigentlich nicht gerne machen. Aber Pakistan vergibt kaum noch Visa an Radfahrende und wenn dann nur mit Polizeieskorte und darauf hatten wir keine Lust. So sind wir also von Delhi nach Shiraz geflogen. Ohne Visa, in der Hoffnung Visa on Arrival zu bekommen. Der Nervositaetsgrad war leicht erhoeht, aber dann endlich: Welcome to Iran, und das direkt fuer 30 Tage. Am Flughafen helfen uns gleich nette Taxifahrer die Raeder zusammen zu bauen. 

Was als erstes auffaellt: Da sind wir monatelang in Suedostasien unterwegs und dann sehen wir ausgerechnet in Shiraz so viele Haendchenhaltende Paare wie schon seit Australien nicht mehr. Wir haben vorher sowieso schon gewitzelt, dass wir ab Iran quasi "back in Europe" sind. Und ja, es gibt ordentliche Waschmaschinen, Warmwasserduschen, Heizungen, Brot und Milchprodukte, klare Luft! Der Wahnsinn. 

In Shiraz verbringen wir einige Tage zum akklimatisieren in einem Hostel und bei supernetten Gastgebern, schauen und ein paar Sehenswuerdigkeiten an. Dann geht es in die Wueste Richtung Persepolis und Yazd. Direkt am ersten Abend werden wir von der Strasse weg von zwei jungen suessen Paaren zum uebernachten eingeladen. Werden genoetigt in ihrem Bett zu schlafen, selbst gebrannten gibt es auch.
Iran ist in Radfahrerkreisen sehr fuer seine aussergewoehnliche Gasstfreundschaft bekannt. Und ja es ist extrem: wenn wir alle Einladungen zum Tee, Essen, Uebernachtungen annehmen wuerden, kaemen wir gar nicht vom Fleck. Jeden einzelnen Tag bekommen wir etwas geschenkt: Obst, Nuesse, Brot, Tee, Kulis, Toffees, Socken, auch pinke Monatsbinden werden ihr schonmal als Willkommengeschenk angeboten. Wir haben tatsaechlich das Gefuehl als wuerden sich quasi alle Iraner die wir unterwegs so treffen, persoenlich dafuer verantwortlich fuehlen, dass wir eine gute Zeit haben. Immer fuehlen wir uns sicher. Das ist sehr beeindruckend.

Nach dem super patriarchalen Indien faellt es uns stark auf, wie selbstverstaendlich Maenner aller Hintergruende und Altersklassen im Haushalt und Kueche helfen, Dabei sieht hier die Rechtslage fuer Frauen/Ehe und co. ganz anders aus als in Indien, 
Privatheit ist eines der hoechsten Gueter, die Mauern aller Haeuser sind hoch, die Fenster uneinsehbar. Nur so kann im Privaten einfach das Kopftuch abgenommen oder auch mal getanzt werden. Da werden die eigentlich verbotenen persischen Fernsehsender aus dem Ausland geschaut.

Die Kontraste sind gross: In den Staedten sitzen die Kopftuecher manchmal sehr weit hinten, sind die Maentel oft recht kurz, aber es sind auch sehr viele Frauen in schwarzen Tschadors auf den Strassen und in vielen Doerfern ist Sie manchmal die einzige Frau auf der Strasse. Aber wie meinte einer unserer Hosts: " its all show, most people here are anarchists." Ganz anders als in Indonesien hoeren wir hier sehr selten den Gebetsruf oder sehen Menschen zur Moschee eilen.

Iran ist blau und sandfarben. Viele wunderschoene alte Gebaude und Moscheen aus Lehm, Sandstein und blauen Mosaiken duerfen wir in Yazd und Esfahan sehen. Die beruehmten Windtuerme zur Kuehlung der Haeuser. Und die Landschaft: Wir befinden uns fast durchweg auf ueber 1500m, fahren durch bunte Wuesten-Berglandschaften, Wir essen Datteln und Joghurt ohne Ende, Fahren in Esfahan mit einem Radclub durch die wunderschoenen Parkanlagen entlang des Flusses, ca 30% der Mitglieder sind Frauen. 

Wir haben das Glueck waehrend des Neujahrfestes Nouroz unterwegs zu sein. Die Menschen haben Zeit, sind selbst auch unterwegs, In Tabriz werden wir wieder von der Strasse weg von einer iranischen Bergsteiger- und Klettererfamilie eingeladen. Die Familie hat die beste Outdoorausruestung, die man sich so vorstellen kann und lebt mit 4 Kindern in einer 1,5 Zimmer Wohnung. Persischer Minimalismus: ein Teppich ist Sofa, Tisch, Bett in einem. Die deutsche "Platzangst" scheint hier ueberhaupt kein Thema zu sein. Sie sind so happy uns als Gaeste zu haben, wir wissen ja immer gar nicht warum, aber hey, wenn wir Leute gluecklich machen konnen, macht uns das natuerlich auch gluecklich. Die letzten 200 km zur Grenze begleiten uns die Jungs auf dem Rad, wir uebernachten beim beruehmten Akbar "gem of the silk road" der quasi alle Radler beherbegt, die durch den Iran reisen und bekommen die letzte Uebernachtung aus uns unbekannten Gruenden von einem iranischen Sportverband geschenkt. Vorher sind wir durch das wunderschoene Arastal gefahren, landschaftlich definitiv eines der Highlights unserer Reise. Und dann sagen wir nach 27 Tagen, 1862 km geradelten und ca 300km getrampten Weg hinter uns Aufwiedersehen zu einem besonderen Land mit unglaublichen Menschen.

in Shiraz, Shah Cheragh Schrein

Persepolis

nagsh e rostam




Wasserreservoir mit Wundkuehltuermen in Yazd

Meybod



in Esfahan





puerierte, getrocknete Fruechte, der perfekte snack

Arastal, zum heulen schoen