Montag, 27. Juni 2016

Nachtrag Incredible India- Manipur und Nagaland- Land of guns and kindness


Auf der anderen Seite der Grenze ist niemand. Nur wie ein Klischeebild, Kühe, die im brennenden Müll nach Essbarem suchen. Erst nach einer Weile passieren wir einen ersten Armeecheckpoint. Unser indisches Visa mussten wir online und in Person beantragen. Und hier wird unsere Ankunft handschriftlich in ein Kassenbuch eingetragen: Zuerst bei der Armee mit Maschinengewehren im Anschlag, dann bei einem Sweatshirt- tragenden Immigration officer ohne Büro, der uns mitten in Moreh von der Straße holt, als wir hilflos nach der offiziellen Immigrationsstelle Ausschau halten. 

Überall Armee, die Assam Rifles, denn in Manipur herrscht immer noch Kriegsrecht. Diverse ethnische Gruppen der Berge kämpfen in militanten Untergrundgruppen gegeneinander, die Berggruppen gegen die Meithis der Manipuri-Ebene und alle zusammen gegen die Okkupierung durch Indien. Die Assam Rifles dürfen jeden erschießen, von dem sie annehmen zu den militanten Untergruppen zu gehören. Die Soldaten sind nicht nur an den Checkposts, sondern auch in Gebüschen, auf jeder Anhöhe. Manchmal sehen wir sie erst wenn wir nach einem Pinkelplatz am Wegesrand suchen oder weil auf einmal aus einem Busch ein Husten hörbar ist. Neben den Armeestützpunkten steht: „Assam Rifles- Friends of the hill people“ oder „with you, for you, always“. Manchmal gibt es auch Plakate, auf denen erschossene Menschen zu sehen sind, mit der Aufschrift „It's your choice“. Eine gruselige Mischung aus Charmeoffensive+ Drohkulisse. 

Diese ersten Eindrücke besser verorten können wir durch eindrückliche Gespräche mit unserem supernetten warmshowershost in Imphal, der auch der Präsident des lokalen Mountainbikeclubs Pedal attack ist. Manipur ist politisch definitiv sehr „spannend“, es gilt als Matriarchat, so gehen wir z.B. auf den Mutters-Markt, dem einzigen Markt in Indien der komplett nur von Frauen betrieben wird. Auch in der Stadt ist die Waffenpräsenz hoch, aber auch hier werden wir von vielen Menschen nett angesprochen: „Welcome to Manipur, we are happy to see you here. Did you have any problem? If you have problem you can come to me, I will solve it for you.“ Oder conversationen auf der Straße wie diese: „Do you have a problem?“ Wir: No we just make a short break to put on some warmer clothing“ „Do you need warm clothing? I can give you.“

In der gesamten Stadt scheint es kein fließendes Wasser zu geben. Dafür gibt es Wassertanks an jedem Haus. Einfach mal schnell die Hände waschen ist trotzdem schwierig.
Zu den sonstige Herausforderungen gehört es außerdem, einen Geldautomaten zu finden. Merke: Nur weil irgendwo ein großes Schild von einer Bank steht mit „24-hour ATM“ bedeutet das noch lange nicht, dass an dem Ort des Schildes sich auch ein Geldautomat befindet. Als endlich einmal Schild und Geldautomat an der selben Lokalität zu finden sind, hat der Automat keinen Strom. Der nächste funktioniert nicht. Bei der nächsten Bank entschuldigt sich der Mitarbeiter, dass gerade kein Bargeld vorhanden sei. Aber jede Suche hat ein Ende und so ist auch diese irgendwann erfolgreich zu Ende gegangen, samt ausgiebiger Erkundungstour durch die Stadt.

Weiter geht es durch die Sadar Hills, die Straße schlängelt sich durch die Berge mit beeindruckenden Terrassen auf denen Reis und Gemüse angebaut wird. Wir fragen bei einer Kirche ob wir campen dürfen. Nicht nur das, wir dürfen sogar in einem Gästezimmer schlafen, und weil es so kalt ist, bringt uns die Pastorenfrau abends noch ein kleines Eisenöfchen mit glühender Kohle ins Zimmer und quatscht ein bisschen mit uns. In dem Dorf leben Poumei, die wiederum zu den Nagastämmen gehören, die in Manipur leben. Sie sprechen also Poumeidialekt, und Manipuri, Englisch und etwas Hindi, aber wiederum kein Nagamesisch, wie viele andere Nagastämme, weil sie doch eher selten in Nagaland sind. Wenn verschiedene christliche Stämme z.B. gemeinsam Gottesdienst feiern, nutzen sie meistens Englisch, damit alle ein bisschen was verstehen können.

[Knapp 1000 Sprachen werden in Indien gesprochen. Und eigentlich ist es notwendig, nicht nur die eigene Stammessprache sondern auch die jeweilige Staatssprache (z.B. Manipuri, Assamesisch, Nagamesisch) sowie die Nationalsprache Hindi zu sprechen und vielleicht auch noch etwas Englisch. Und in Deutschland zerbricht mensch sich den Kopf über zweisprachiges Aufwachsen...]

Und dann auch Sätze wie diese: „Here it is more peaceful. We only have here two underground militant groups. But in Imphal there are many more.“

Es ist kalt, wir fahren durch die hohen Berge und grünen Wälder Nagalands, und erkälten uns im Hotel als wir eigentlich versuchen, uns von anderen Dingen zu kurieren. Das Hotel ist günstiger als gedacht, ein Passant hat uns gesehen und für uns einen günstigeren Deal klargemacht in einem Hotel, dass eigentlich über unserem Budget lag. Einfach so. In Nagaland herrscht offiziell Waffenstillstand, die Militärpräsenz ist etwas geringer. In der Hauptstadt fällt ca. einmal pro Stunde der Strom aus. Auch hier sehen wir Menschen die eher „tibetisch“ aussehen bis hin zu „südeuropäisch“ und allen möglichen Hautfarben auf den Straßen.




Imphal Frauen Markt

Morgenebel an der Kirche

überall Gedenksteine für die "Märtyrer" Manipurs

Naga Tor


unser Paratha Frühstück, immer im Hocken Esen natürlich




Überall öffentliche Informationen, hier z.B.
das Abtreibung nach Feststellung des
Geschlechtes des Kindes strafbar ist


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen